Nicht nur an den Temperaturen spürt man, dass der Sommer vorbei ist. Ein paar Wochen durchatmen nach Monaten, in denen Sie – und alle, die Verantwortung tragen – in besonderer Weise gefordert waren. Krisen-Runden, schnelle Lösungen, Handeln in Ungewissheit, neuer Teamgeist, Vergewisserung und große digitale Lernschritte.
Wir haben uns an das Benutzen der Mund-Nase-Bedeckung inzwischen ebenso gewöhnt wie an die ständige Aufmerksamkeit für das, was ad hoc neu bedacht werden muss. Manche schnelle „Notlösung“ ist zur neuen Normalität geworden. Landespastor Dirk Ahrens beschreibt, wie es im Diakonischen Werk Hamburg gelungen ist, Schätze zu entdecken. Dabei steht Kommunikation als Führungsaufgabe nicht zufällig im Zentrum.
Wir sind dankbar, dass wir nahezu täglich an dem teilhaben können, was Führungskräfte in Kirche und Diakonie gerade jetzt bewegt und herausfordert: mit Leidenschaft, mit Vertrauen in Menschen und Mut für die Zukunft.
Führen in der Corona-Krise – Was habe ich gelernt?
Dirk Ahrens, Landespastor und Vorstandsvorsitzender des Diakonischen Werks Hamburg
Verlässliche Kommunikation ist der Schlüssel zum Erfolg
Von einem Tag auf den anderen stand alles, was uns im Alltag Verlässlichkeit und Austausch ermöglichte, nicht mehr zur Verfügung. Zum Ausgleich brauchte es eine engmaschige Kommunikation. Der Vorstand ging mit gutem Beispiel voran und besprach sich nicht mehr wöchentlich, sondern in einer täglichen Videokonferenz jeweils um 09:00 Uhr morgens. Wöchentlich holten wir die Leitung der Mitarbeitendenvertretung dazu. Das hat uns befähigt, das DW eng abgestimmt gemeinsam zu führen und alle anliegenden Aufgaben kooperativ zu bewältigen. Im permanenten Austausch miteinander konnten Strukturen und Aufgaben den Bedürfnissen der Krise angepasst werden. Entscheidungen fielen schnell und gut abgestimmt. Schnell folgten alle Teams und verabredeten ebenfalls eine engmaschige verlässliche Kommunikationsstruktur. Mitarbeitende die sich nicht ausgelastet fühlten, meldeten sich freiwillig zur Unterstützung in überlasteten Teams, ohne das Vorgesetzte allzu sehr regulierend eingriffen. Für die Zusammenarbeit hat sich ebenfalls als fruchtbar erwiesen, dass der Vorstand das Bedürfnis aller Mitarbeitenden nach verlässlichen Informationen zu arbeitsrechtlichen und arbeitsorganisatorischen Fragen durch regelmäßige Mails befriedigt hat. Zusätzlich gab es eine wöchentliche ermutigende Videobotschaft des Vorsitzenden. Etwas abgespeckt arbeiten wir in dieser Kommunikationsstruktur bis heute.
Alle wollen Teil der Lösung sein…..
Die besondere Herausforderung durch die Krise hat uns gezeigt, dass fast alle Mitarbeitenden ein großes Interesse daran haben, Teil der Lösung zu sein. Dieses Engagement möglichst wenig durch nicht unbedingt notwendige Regulation zu bremsen ist wichtige Führungsaufgabe. Die Fundraisingabteilung und die Öffentlichkeitsarbeit legten mehrere zusätzliche Projekte für Wohnungslose, Senior*innen und Einsame auf, die der Diakonie in Hamburg viel positive Öffentlichkeit und starke Spendeneingänge bescherten. Beide Abteilungen waren technisch bereits vorher gut ausgestattet und nutzten die Situation um die Diakonie öffentlich als Teil der Lösung zu präsentieren. Viele nicht ausgelastete Mitarbeitende aus anderen Abteilungen unterstützten freiwillig, und Mitarbeitende die durch die Beratungen von z.B. Pflegeheimen buchstäblich Tag und Nacht in Anspruch genommen waren, freuten sich an der positiven medialen Berichterstattung. Gute Führung besteht auch darin, in jeder Krise die Chance zu erkennen und aktive Gestaltung zu befördern.
Wer Schätze bewahren will muss mutig entscheiden
Die Rückkehr in eine gewisse Normalität zeigt, wie stark die Beharrungskräfte der gewohnten Strukturen und Arbeitsabläufe sind. Um all das was in den letzten Monaten gut gelaufen ist auch für Zeiten nach der Krise zu bewahren, haben wir sofort nach der teilweisen Rückkehr ins Haus in mehreren Konferenzen mit den Leitungskräften und einer digitalen Mitarbeitendenumfrage begonnen, die „Schätze“ zu benennen und die notwendigen Schritte zu ihrer Bewahrung einzuleiten. Während wir einerseits durch erhebliche Einnahmeeinbrüche gezwungen sind Einsparungen durchzuführen, haben wir uns andererseits entschieden durch Verbesserung unserer technischen Ausstattung jede*n Mitarbeiter*in für die mobile Arbeit auszustatten und zu schulen. Zusätzlich werden Abteilungen mit Papieraktenbestand zur zügigen Digitalisierung angehalten und Workflows im „Haus“ überarbeitet. Wir arbeiten jetzt an mehr Agilität auf deutlich weniger Bürofläche bei gleichzeitig höherer Mitarbeitendenzufriedenheit. Ohne verlässliche Kommunikation und mutige Leitungsentscheidungen geht das nicht.
Aus dem Werkzeugkasten: Heute schon den Hut gewechselt? Mit vielfältigen Perspektiven gegen die Einheitlichkeit des Denkens
Dr. Silke Köser, Studienleiterin der fakd
Im beruflichen Alltag ist es eine große Herausforderung, die Vielfalt der Persönlichkeiten, Perspektiven und Positionen zu managen und dabei das (unternehmerische) Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Wie schön wäre es doch, mag manche/r seufzen, wenn ein wenig mehr Einigkeit herrschen würde und verwechselt dabei allzu leicht Einigkeit mit Einheitlichkeit. Dabei ist gerade in länger bestehenden Teams der Trend zur Einheitlichkeit groß: Menschen zumeist aus einer Region, mit ähnlicher Ausbildung, die lange in einem gemeinsamen Arbeitsumfeld arbeiten und in ihrer Organisation inkulturiert sind, neigen auch zu gleichen Problemlösungsansätzen. Nicht jeder/r hat das Glück mit oder in einem multiprofessionellen und mehrfach diversen Team zu arbeiten. Wie kann es dennoch gelingen, in dieser Umgebung (Problemlösungs-) Ideen und Projekte multiperspektivisch zu entwickeln, die verborgenen Schätze der Vielfalt zu heben? Was schützt im Alltag schnell und praktisch vor der Einheitlichkeit des Denkens und sichert den Erfolg von (Lösungs-)Ideen und Projekten?
Eine neue Projekt- oder Geschäftsidee ist in der Welt und nun steht die Frage im Raum: Wie geht’s weiter? Wird Zeit, Personal und Geld in die Weiterentwicklung investiert oder landet sie auf dem Ideenfriedhof? Eine Problemlösungsidee steht im Raum und nun muss entschieden werden, wird Lösung a, b oder c favorisiert?
In dieser Ausgangssituation ist die Sechs-Denkhüte-Methode ein praktischer Alltagshelfer für die Vorbereitung von Entscheidungen. Ziel dieser Methode ist es, verschiedene Perspektiven einzubinden und abzudecken. Diese Perspektiven werden durch Hüte unterschiedlicher Farbe repräsentiert. Teammitglieder nehmen - im übertragenen Sinne - reihum alle farbigen Hüte und repräsentieren damit alle nacheinander auf ihre je eigene Art die entsprechende Perspektive.
Der weiße Hut oder die Faktencheckerin: In dieser Perspektive geht es um Zahlen, Daten und Fakten. Persönliche Wahrnehmungen und damit verbundene Bewertungen sind ausgeblendet.
Der schwarze Hut oder der Kritiker: Vorbehalte gegen eine Idee werden geäußert und Risiken aufgezeigt.
Der rote Hut oder das „lebende Bauchgefühl“: Hier dürfen und sollen subjektive Empfindungen und Emotionen positiver wie negativer Art geäußert werden. Das muss nicht immer stringent sein, denn unsere Emotionen sind es auch nicht.
Der grüne Hut oder die Kreative: Hier darf die Kreativität ohne Denkverbote und ohne Bremse durch das Team sprudeln, Fragen der Machbarkeit dürfen ausgeblendet werden
Der gelbe Hut oder der Befürworter: Das Benennen von realistischen Vorteilen und Chancen hat unter diesem Hut seinen Platz:
Der blaue Hut oder die Moderatorin: Wer diesen Hut trägt, sorgt dafür, dass alle Perspektiven zu Wort kommen, sammelt und strukturiert die verschiedenen Gedankengänge und verschriftlicht die Ergebnisse.
Nehmen Sie sich Zeit, aber lassen Sie die Runden nicht ausufern. Denn meist erhöht sich das Tempo nach den ersten beiden Runden. Zum Schluss lassen Sie die gesammelten Ergebnisse im Team bewerten.
Angebote der fakd
Bitte schauen Sie auf unser Programm für 2021 und unsere Online-Angebote 2020 und für 2021.
Seminar: Wenn die Leistung nicht reicht – Wenn die Motivation nicht stimmt am 22.-24. Oktober 2020
Auf unsere Online-Veranstaltungen, in denen wir Sie kompetent und kompakt in interessante und aktuelle Themen und Diskurse einführen möchten, weisen wir besonders hin:
- Agilität kurz und bündig erklärt am 25. September 2020
- Richtig entscheiden und mutig handeln am 9. Oktober 2020
- Die Kirche nach Corona – bleibt alles anders? am 17. November 2020
...und sonst noch
- Kompetenzen entwickeln – mit der fakd jetzt auch online und weltweit
Im Auftrag der Auslandsabteilung des Kirchenamtes der EKD begleiten unsere Studienleiter Tilman Kingreen und Dr. Lars Charbonnier in einem Pilotprojekt jetzt Pfarrerinnen und Pfarrer, deren Dienstzeit in den Auslandsgemeinden in absehbarer Zeit endet. Im Rahmen von mehreren Online-Coachings werden erlernte Kompetenzen entdeckt und auf berufliche Anforderungen bezogen. Ein Auftakt dazu erfolgte gerade im spannenden Dialog mehrerer Zeitzonen und über einige Kontinente hinweg. Wie freuen uns über eine gelungene Kooperation, ein zukunftsweisendes Projekt an der fakd. - miteinander - strategisch - mittendrin
Zukunft von Kirche und Diakonie im Kirchenkreis – in Kooperation mit midi
Kirche und Diakonie gehören zusammen – aber wie? Im Mittelpunkt dieser Tagung steht die Ausgestaltung der Kooperation von Kirchenkreisen und ihren Kreiskirchlich Diakonischen Werken. Zurückgehende kirchliche Mittel, ein gesellschaftlicher Relevanzverlust und die gemeinsame Aufgabe der Gestaltung des Sozialraums stellen das „gemischte Team Kirchenkreis und Diakonisches Werk“ vor gemeinsame Herausforderungen. Wir glauben, dass Zukunftsgestaltung am besten in gemischten Teams gelingen kann. Deshalb setzen sich die Teilnehmenden exklusiv aus Dekaninnen / Superintendenten & den Geschäftsführenden / Vorständen Kreiskirchlich Diakonischer Werke zusammen. Termin: 11.-12. März 2021 in Düsseldorf - Am 18. September 2020 findet das Zukunftsforum der EKD statt: Neue Zeiten haben neue Kraft. Es gibt so viele gute Ideen. Lasst sie uns miteinander teilen – und uns für ihre Umsetzung engagieren!
Wir wünschen alles Gute und Leidenschaft für die Gestaltung der Zukunft.
Herzliche Grüße
