fakd-Newsletter vom 09. Juni 2021


Unsere Grundbedürfnisse: Sicherheit und Selbstausdruck, Keks Ackermann CC BY-NC

 

2. Angebote der fakd

Wir entwickeln laufend neue Angebote in unseren unterschiedlichen Kategorien der Weiterbildungen, Seminare, Tagungen, Werkstätten und reinen Online-Veranstaltungen. Gern möchten wir auf einige der neuen und bewährten Angebote an dieser Stelle wieder ausdrücklich hinweisen – eine Anmeldung ist bei all diesen Veranstaltungen gern noch möglich.
Neue Impulse gewinnen Sie z.B. hier:


Und für alle, die es kompakt mögen, unsere Online-Formate:


3. Aus dem Werkzeugkasten:

Teamentwicklung in Konfliktsituationen

Von Tilman Kingreen, Studienleitung fakd


Konflikte gehören zur Arbeit im Team. Ihr Umgang reicht vom Nicht-wahr-haben-wollen und Verleugnen bis zur dauerhaften Analyse aller Konfliktursachen. Prägend auf den Umgang mit Konflikten wirkt die Teamkultur. Auch wenn sie von allen Teammitgliedern getragen wird und die Teamleitung durch eine flache Hierarchie geprägt ist, so liegt in Konfliktsituationen eine besondere Verantwortung bei den Personen in Leitungsverantwortung.


Konflikte zu leugnen stellt im Führungshandeln einen Kunstfehler dar. Doch gerade deshalb neigen viele dazu, bei Konflikten auf externe Hilfe zurückzugreifen, etwa in Form von Teamsupervision. Das ist sinnvoll, wenn Konflikte eine Stärke erreicht haben, dass der unterstützende Blick von außen hilfreich ist. Konflikte sollten allerdings nicht in eine Delegationsdynamik geraten. Der Aufbau einer internen Konfliktkultur trägt dazu bei, eine nachhaltige Teamentwicklung zu fördern. Haben Konflikte ihren Platz, bildet sich im Team ein spezifisches Wir-Gefühl aus. Für Leitende gibt es einige hilfreiche Methoden, Konfliktsituationen im Team zu gestalten.

Drei Methoden werden Ihnen vorgestellt

1. Am Anfang war der Unterschied
Konflikte sind am Anfang nur Unterschiede. Unterschiede stiften einen Nutzen. Sie ermöglichen verschiedene Sichtweisen und lassen gemeinsame Lösungen finden.

Dazu ist es wichtig, Konflikte von Krisen zu unterscheiden. Konflikte haben etwas Aufdeckendes. Sie machen sichtbar, was sonst in Gefahr stehen würde, übergangen oder vergessen zu werden. Konflikte müssen geschützt werden vor einer Dynamik der Katastrophisierung. Konflikte sind kein Drama. Sie folgen vielmehr einer Dramaturgie der Sichtbarwerdung. Darum ist es wichtig, dass alle mitspielen dürfen, um den Konflikt auf die Bühne der gemeinsamen Wahrnehmung zu bringen. Im Unterschied zu einem Konflikt sind Krisen hingegen deutlich anspruchsvollere Situationen. Bei ihnen werden zusätzliche Verhaltensweisen und andere Einstellungen zur Bewältigung der aktuellen Situation notwendig. Sie müssen neu erlernt werden, um überhaupt wieder Stabilität zurückzugewinnen.

Praxishilfe: Geben Sie ohne konkreten Anlass Ihrem Team den Raum, miteinander über die Frage ins Gespräch zu kommen: „Was ist für mich ein Konflikt? Und was unterscheidet den Konflikt von einer Krise?“

2. Niveau der Handlungsfähigkeit
Die Handlungsmöglichkeit aller Beteiligten in einem Team gilt es zu stärken. Sie hängt davon ab, wie die jeweiligen Teammitglieder ein Thema oder eine Situation selbst einschätzen. Ein erster Überblick dazu kann helfen, den Grad der gemeinsamen Handlungsmöglichkeiten auszuloten und damit ein differenziertes Stimmungsbild zu erstellen.
 

Eine solche ressourcenorientierte Diagnose macht das Potential des Teams deutlich. Gemeinsam können konkrete Verabredungen getroffen werden, welches Thema in welchem setting bearbeitet werden soll.  Die Diagnose hilft auch, den Unterstützungsbedarf zu erkennen und konkret zu identifizieren.

Um das Niveau der Handlungsfähigkeit zu erfassen, werden folgende Kategorien eingeführt: Handelt es sich bei dem Thema um ein „Problem“, einen „Konflikt“ oder eine „Katastrophe“. Der Begriff der „Krise“ wird bewusst nicht gewählt, da weniger die existentielle Bewertung als vielmehr der individuelle Erlebnisgehalt im Bezug zum jeweiligen Thema herausgearbeitet werden soll.

Die drei Kategorien werden näher erklärt. Ist ein Thema oder eine Aufgabe ein „Problem“, so kann durch die gemeinsame Reflexionsfähigkeit im Team die Handlungsfähigkeit wieder hergestellt werden. Handelt es sich um einen „Konflikt“, so ist eine gemeinsame Verhandlungsfähigkeit gefordert. Hier sind die Teilnehmenden emotional stark engagiert, handeln aber jeweils hoch verantwortlich und können sich eine innere Distanz zum Thema bewahren. Bei einer „Katastrophe“ stehen die schutz- und unterstützungsbedürftigen Erwartungen im Vordergrund. Belastende Emotionen haben sich verselbstständigt. Die Teilnehmenden fühlen sich emotional überfordert. Zur Stabilisierung der Situation sind Sofortmaßnahmen erforderlich.

Zur Visualisierung werden an einer Pinnwand alle drei Kategorien in Spalten aufgeführt. Es hat sich bewährt, diese Kategorien um drei weitere, sehr alltagspraktische, Erfahrungen zu ergänzen, um das gesamte Erlebnisspektrum im Team zu erfassen und als Ressource verfügbar zu halten.

Ergänzend eingeführt werden deshalb noch die Kategorie
* „Sensation“: alle sind positiv überrascht vom Ausmaß, in dem Erwartungen vom realen Geschehen übertroffen wurden.
* „Selbstverständlichkeit“: eine Situation ist fraglos so, wie es sein soll, Kommunikation als Einheit von Mitteilen und Verstehen durch Rück- und Nachfragen gelingt.
*„Aufgabe“: alle Rahmenbedingungen zur Erfüllung der Aufgabe sind vorhanden. Es gibt eine deutliche Soll-Ist-Differenz, die aber über Handlungsschleifen aufgelöst werden kann.

Gemeinsame Arbeit an der Pinnwand.
Folgende Themen erlebe ich als...


 

 

Praxishilfe: Geben Sie Ihrem Team den Raum, gemeinsam einen Eindruck zum Niveau Ihrer Handlungsfähigkeit als Team zu gewinnen. Diese Visualisierung ist in jedem Stadium eines Konfliktes, also auch bevor ein Thema als ein Konflikt sichtbar wird, sinnvoll. Mit dieser präventiv zu verstehenden Methode stellen sich alle Teammitglieder der inhaltlichen Verantwortung. Auf dieser Basis kann gemeinsam geklärt werden, welche Prozesszuständigkeit bei welchem Thema notwendig ist und ggf. organisiert werden muss. Themen werden sichtbar und sie werden in ihrem Bezug zu konkreten Handlungsmöglichkeiten erkennbar. Diese Verknüpfung wirkt klärend und zugleich ressourcenaktivierend. Die Teamkultur wird reicher an Handlungsgewissheit. Das Team erlebt sich als Akteurin ihrer eigenen Entwicklung.     

3. Dia-Logos. Den Zwischenraum gestalten
Die Basis für jede Konfliktbearbeitung durch Leitungspersonen bildet die Gesprächsführung. Eine gute Gesprächsführungskompetenz trägt wesentlich dazu bei, dass ein Dia-log entsteht, die „Worte wieder fließen“, gewohnte Rituale und wiederholende Erklärungen unterbrochen werden. Der Zwischen-Raum - ein Dia-Logos - verhilft, miteinander zu denken. Für die eigene Gesprächsführungskompetenz ist es förderlich, zuerst den eigenen Dia-Logos zu pflegen. „Was passiert mit mir, wenn die Teambesprechung aus meiner Sicht aus dem Ruder läuft? Was nehmen ich an mir wahr? Welche Gedanken schießen mir durch den Kopf? Woran erkenne ich an mir, dass die Teambesprechung konstruktiv verläuft? Wie verhalte ich mich dann?“ Neben einem persönlichen Coaching können folgende Dialog-Regeln hilfreich sein.

Praxishilfe: Folgende Dialog-Regeln stärken bei Konflikten die Teamkultur
* Die Haltung einer: s Lernenden verkörpern. Die Lernbereitschaft stiftet zu mehr Anfänger: innengeist im Team an.
* Radikaler Respekt: „Ich versuche die Welt aus deiner Perspektive zu sehen.“
* Sprich von Herzen und fasse Dich kurz. Nur das sagen, was wirklich wichtig ist.
* Gezielte Verlangsamung als Signal einsetzen: „Sie bekommen die Zeit, sich und den anderen beim Denken zuzuhören.“   

Literatur:
Bohm, David: Der Dialog. Klett-Cotta, Stuttgart 2008.
Rappe-Giesecke, Kornelia: Triadische Karriereberatung. Die Begleitung von Professionals, Führungskräften und Selbstständigen. EHP, Bergisch Gladbach 2008.
Simon, Fritz B.: Einführung in die Systemtheorie des Konfliktes. Carl Auer, Heidelberg 2010.
Wolfgang Kühl/Andreas Lampert/Erich Schäfer: Coaching als Führungskompetenz. Konzeptionelle Überlegungen und Modelle, V&R, Göttingen 2018, S.68-109.    


… und sonst noch

Herzliche Grüße

Ihr Team der Führungsakademie für Kirche und Diakonie