fakd-Newsletter vom 06.Oktober 2021
Liebe Leserinnen und Leser,
mit vielen Teilnehmer*innen freuen wir uns darüber, dass Präsenzveranstaltungen wieder möglich sind. Wir machen gerade die Erfahrung, wie kostbar es ist, einander begegnen zu können. Zugleich sind wir auf einem Lernweg der Differenzierung: Wo und wann ist digitales Arbeiten sinnvoll? Und wo sind Präsenz-oder Wechselformate sinnvoll? Das gilt für alle Formen der Kommunikation in Kirche und Diakonie und stellt in neuer Weise die Frage nach einem Zeitmanagement mit dem „Maß des Menschlichen“.
Vielen Dank für manchen Erfahrungsaustausch und gemeinsame Lernwege in Zeiten des Wandels.
Berthold Höcker, Superintendent des Kirchenkreises Berlin Mitte, zeigt uns in diesem Newsletter, wie Personalentwicklung „den Grundstock der Transformation“ legt und wirbt deshalb dafür, sich von einer „Thermoskannentheologie“ zu verabschieden.
Sylvia Trentzsch leitet im Werkzeugkasten eine Übung aus der Gewaltfreien Kommunikation (GFK) von Marshall B. Rosenberg an, mit der Vorurteile und Bewertungen mit tiefer Empathie für sich und Andere umgewandelt werden können.
Wir wünschen Ihnen Freude bei der Lektüre und danken Ihnen für alle Unterstützung und positiven Reaktionen, die wir von Ihnen erhalten haben!
Präsenzveranstaltungen sind wieder möglich. Bitte schauen Sie auf unser Programm 2021/ 2022. Wir haben mit unseren Weiterbildungen, Seminaren und weiterhin bestehenden Online-Veranstaltungen für Sie und Ihre beruflichen Herausforderungen ein interessantes Angebot.
1. Zukunft gestalten – Worauf es jetzt ankommt!
Berthold Höcker, Superintendent des Kirchenkreises Berlin Mitte
In der Mitte der Hauptstadt zeigen sich nach meinen Erfahrungen Veränderungen besonders früh und verlangen nach Antworten. Eine zentrale Herausforderung ist die Suche nach der Antwort, wie wir urban lebenden Menschen in ihrer ganzen Vielfalt das Evangelium so nahebringen, dass sie damit etwas anfangen können. Liegt der Schwerpunkt kirchlicher Verkündigung oft noch auf der Deutung von Schuld und Vergebung, fragen die Menschen, die sich noch für uns interessieren (die Anzahl der Mitglieder der Evangelischen Kirche liegt in Berlin bei 11,6 %) danach, was sie persönlich vom Glauben haben. Dabei stehen Fragen nach dem Evangelium als Grundlage von Persönlichkeitsentwicklung, Bildung und aktueller Lebenshilfe im Vordergrund.
Bei allen Veränderungen muss Gottvertrauen als Grundhaltung die Voraussetzung sein. Gottvertrauen meint hier eine Haltung, die besagt, dass die eingeleiteten Reformprozesse zu einer evangeliumsgemäßen neuen Kirche führen werden - ohne dass wir jetzt schon wissen, wie diese konkret ausgestaltet sein wird. Dafür müssen Prozesse angestoßen und am Laufen gehalten werden; etwas, das wachsen will, soll nicht behindert werden, sondern integriert.
Weitere Aufgabe der Leitungsebene ist, Themen zu setzen, die dann in Prozesse überführt werden. Die vorhandenen Spielräume können wir jetzt noch für den Umbau nutzen. Wir dürfen nicht warten, bis die finanzielle Not auch fühlbar ist.
Der Transformationsprozess, in dem wir uns befinden, wird die Kirche von einer Institution in eine Organisation umbauen. Das bedingt zum Teil schmerzhafte Veränderungen bei Strukturen, Finanzierungen und Ressourceneinsatz. Dieser Umbau konkretisiert sich hin zu einer Kirche als Dienstleisterin mit Außenerwartungen an die Qualität und wird sich am religiösen „Markt“ orientieren. Voraussetzung, in diesem Markt zu bestehen, ist, dass geistliche Tiefe, Spiritualität und glaubwürdiges christliches Leben die Arbeit prägen. Auf dem Weg dahin müssen Kirchengemeinden, Kirchenkreise und Landeskirchen aus organisatorischen Gründen fusionieren. Das bringt neue Spielräume, mit denen auf neue Erwartungen auch neu reagiert werden kann, weil durch den Effizienzgewinn Ressourcen frei werden.
In Jahresgesprächen mit PfarrerInnen frage ich oft, welchen Gottesdienst sie ihrem besten Freund empfehlen würden zu besuchen. Meist ist Ratlosigkeit die Antwort. Das spiegelt viel von dem wider, was ich für eine weitere Herausforderung halte: Niemand hat so recht eine Vision einer Kirche der Zukunft, daher macht man so weiter wie bisher. Die meisten Studien bestätigen das – sie legen eher eine Dystopie nahe als eine erstarkende Kirche. Die Austritte und der gesellschaftliche Bedeutungsverlust verursachen oft einen Rückzug auf die Kerngemeinde. Das hat eine Thermoskannentheologie (nach innen warm aber nach außen kalt) zur Folge, die nur auf den Inner Circle, die eng verbundene Kerngemeinde zielt, aber die übrigen Kirchengemeindemitglieder nicht mehr erreicht
Für den Pfarrdienst bedeuten die Veränderungen, dass die Personal- und Persönlichkeitsentwicklung verstärkt werden muss, damit Flexibilität und Ermutigung, sich auf Neues einzulassen, einen Grundstock der Transformation bilden. Der Pfarrdienst ist und bleibt die Schlüsselqualifikation für die Kirche und wird auch so wahrgenommen, obwohl er sich stark verändert. Die Zahl der Amtshandlungen ist in Berlin z.B. bei den Trauungen in acht Jahren um 80 % zurückgegangen. Nicht nur diese Entwicklung verändert das Aufgabenspektrum der im Pfarrdienst Tätigen.
In dem Vertrauen, dass Christus über seine Kirche wacht, werden wir alle Herausforderungen meistern.
2. Angebote der fakd
Wir entwickeln laufend neue Angebote in unseren unterschiedlichen Kategorien der Weiterbildungen, Seminare, Tagungen, Werkstätten – in Präsenz- und Online-Formaten, die Ihnen Anregung und Impuls für die Gestaltung Ihrer Arbeit sein sollen.
Neue Impulse gewinnen Sie z.B. hier:
- Der coachende Führungsstil vom 01. bis 03. November 2021 mit Sylvie Trentzsch, Berlin
- Basiskurs Selbstführung vom 11. & 12. November 2021, 13. & 14. Dezember 2021
24. & 25. Januar 2022 mit Sylvie Trentsch, Berlin
Für alle, die es kompakt mögen, unsere Online-Formate:
- Strategisch in die Zukunft führen am 13. Oktober 2021 mit Dr. Lars Charbonnier, online
- Konflikte vorbeugen und lösen mit der GewaltFreien Kommunikation (GFK)Start am 27. Oktober 2021 mit Sylvie Trentzsch, online
- Agilität und Innovation to goam 04., 11. & 18. November 2021 mit Dr. Rhea Seehaus und Tobias Gebauer, online
- Talent-Management – Oder entwickeln Sie noch? vom 08. bis 10. November 2021 mit Dr. Silke Köser und Frank Behrens, online
- Gesund durch schwierige Zeiten navigieren - Zeit-, Selbst- und Stressmanagement am 08., 15. & 16. November 2021 & 07. Dezember 2021 mit Sylvie Trentzsch, online
3. Aus dem Werkzeugkasten:
Vorurteile und Bewertungen umwandeln mit tiefer Empathie für sich und Andere
Sylvie Elise Trentzsch, Berlin
Mir fällt mindestens eine Person ein, der ich nicht hundertprozentig vertraue?
Mir fällt mindestens eine Person ein, mit der ich eine Meinungsverschiedenheit oder einen ungelösten Konflikt habe?
Ich kenne mindestens eine Person, die ich mag und bewundere und deren Fehler ich akzeptiere?
Mir fällt mindestens eine Person ein, die ich meide und/ oder die ich nicht besonders mag?
Mir fällt mindestens eine Person ein, über die ich mich ärgere, ich aber weiß, dass ich ähnliche Tendenzen habe?
Mir fällt mindestens eine Person ein, die ich gerne besser verstehen würde und für die ich Mitgefühl empfinde?
Ich habe negative Gefühle gegenüber Menschen, die eine Haltung von „Ich bin heiliger als du" oder „spiritueller als du" zu haben scheinen?
Ich hege negative Gefühle gegenüber Menschen, die einen Lebensstil führen, der sich sehr von meinem eigenen unterscheidet?
Liebe Leser*innen, wenn Sie eine oder mehrere dieser Fragen mit Ja beantwortet haben und Interesse haben, die Beziehung zu einer dieser Personen im empathischen Kontakt mit sich selbst und dieser Person zu beleuchten, möchte ich Ihnen gerne folgende Übung aus der Gewaltfreien Kommunikation von Marshall B. Rosenberg an’s Herz legen.
Nehmen Sie sich dazu gerne eine kleine, störungsfreie Auszeit von ca. 15 Minuten.
Legen Sie sich ein Blatt Papier (DIN A4 oder größer) und einen Stift bereit.
Bevor Sie die Übung zum ersten Mal Schritt für Schritt langsam und achtsam durchführen, lesen Sie sie vorab bitte einmal komplett durch (vor allem Schritt 7), um dann ganz eintauchen zu können in’s Spüren und innere Erleben.
Erlauben Sie sich, die Schritte sehr langsam und nicht nur intellektuell, sondern aus tiefstem Herzen und allen Sinnen zu vollziehen.
- Bitte zeichnen Sie nun auf Ihr Blatt den Umriss eines Eisbergs, wobei sich ca. 20% des Eisbergs über dem Wasserspiegel und 80% darunter befinden sollten.
- Identifizieren Sie eine Person aus irgendeinem Bereich Ihres Lebens, über die Sie manchmal negativ urteilende Gedanken haben, oder die Sie meiden. Es könnte sogar ein Gefühl von Feindseligkeit vorhanden sein. Es mag ein starkes Gefühl sein, es mag leicht sein ... versuchen Sie, sich dessen bewusst zu werden.
- Was genau ist es, das Sie an dieser Person nicht mögen oder genießen können... Ist es etwas an ihrer Einstellung oder ihrem Verhalten? Kritisiert sie z.B. oft ... oder teilt sie Informationen nicht ... oder hält sie sich nicht an Zusagen? ...
- Was auch immer es ist, schreiben Sie, was Sie sehen oder hören... das heißt, die beobachtbaren Verhaltensweisen der Person, in den oberen Teil des Eisbergs, oberhalb der Wasserlinie.
- Nun schreiben in den Raum über und um den oberen Teil des Eisbergs alle wertenden Gedanken, die Sie über diese Person haben. Ohne Zensur.
- Diese Urteile sind Hinweise auf Ihre eigenen Bedürfnisse und Werte, wenn Sie tief in sich hineinhören. Das, was Sie nicht mögen oder genießen, kann Ihnen helfen, sich dessen bewusst zu werden, was Sie schätzen oder wonach Sie sich sehnen, z.B. wenn Sie die Person oft kritisiert, könnten Sie sich entmutigt fühlen und ein Bedürfnis nach Akzeptanz haben? Im Sinne von Marshall Rosenberg, der sagt, dass jedes Urteil ein tragischer Ausdruck eines unerfüllten Bedürfnisses ist.
Daneben können Sie Ihre eigenen Gefühle und Bedürfnisse aufschreiben, die Ihren Urteilen/Bewertungen zugrunde liegen. - Schließen Sie nun sanft die Augen und verbinden Sie sich sanft mit Ihrem Herzen. Verbinden Sie sich mit der Quelle, mit der unendlichen göttlichen Liebe. Stellen Sie sich nun vor, diese Person zu sein – stellen Sie sich vor, sie so vollständig wie möglich zu sein. Stellen Sie sich ihre Welt vor, ihre Erfahrungen ... was für sie wichtig ist. Was wissen Sie über ihre Geschichte...ihren Hintergrund...vielleicht ihre Überzeugungen oder Werte, wenn Sie sich ihrer bewusst werden? Was vermuten Sie, was ihre Schwierigkeiten sein könnten... und vielleicht, was ihr Freude bereitet? Versuchen Sie, zu erspüren, was ihre Gefühle und Bedürfnisse sind... wonach sie sich vielleicht sehnt?
- Wenn Sie bereit sind, öffnen Sie die Augen. Schreiben Sie in den großen unteren Teil des Eisbergs Worte oder Sätze darüber, was Sie über die Welt dieser Person wissen, spüren, sich vorstellen.
- Wenn Sie damit fertig sind, spüren Sie in Ihrem Herzen, wie Sie sich selbst und dieser Person gegenüber jetzt fühlen? Schreiben Sie Ihre Erfahrung, Einsichten, alle neuen Perspektiven oder Erkenntnisse auf, die sich vielleicht aufgetan haben.
Gibt es irgendwelche Veränderungen, die Sie, wie klein auch immer, in Bezug auf Ihre Beziehung zu dieser Person vornehmen möchten?

… und sonst noch
- “wach machen“ - fakd-Espresso-Talk am 28.10.2021 um 13:30 Uhr: „Transformation - mit Herzen, Mund und Händen“
"wach machen" heißt unsere neue Espresso-Talk-Reihe über Führen und Leiten in Kirche und Diakonie im EKD-Denkraum.Aktuell fragen viele Bereiche in der Kirche danach, wie Transformationen oder Veränderungen gut und mit großer Akzeptanz gelingen können. Das Wissen um Grundlagen und „Logiken“ von Veränderungsprozessen kann helfen. Jede Veränderung löst bei den Beteiligten Unsicherheit und manchmal auch Widerstände aus. Kritische Stimmen sind Botschaften, die es wahrzunehmen gilt. Was sollte ich unbedingt wissen? Worauf sollte ich meine Aufmerksamkeit richten, damit Veränderungen gelingen?
Ein Gespräch von Dr. Lars Charbonnier mit Peter Burkowski. Peter Burkowski bringt viele Veränderungserfahrungen in leitenden Rollen und als Berater mit.Espresso-Talk, 28.10.2021, 13:30 - 13:45, online (Zoom). Die Anmeldung zur Veranstaltung erfolgt über den Denkraum EKD: Zur Anmeldung - Am 26. November 2021 findet das 18. Forum Diakoniewissenschaft am Institut für Diakoniewissenschaft und DiakonieManagement (IDM) in Bielefeld (Bethel) statt.
Herzliche Grüße
Ihr Team der Führungsakademie für Kirche und Diakonie
