fakd-Newsletter vom 04. März 2021
Spielräume schaffen und ins Weite denken, dazu ruft die Aktion „7 Wochen ohne Blockaden“ in diesem Jahr in der Passionszeit auf. Für Führungskräfte ist das eine der wichtigsten Aufgaben in jeder Woche des Jahres: ins Weite denken, Spielräume schaffen, Orientierung geben, Zukunft ermöglichen. Auch mit unserem fakd-Newsletter möchten wir Sie gerade in diesen in vielerlei Hinsicht eingeschränkten Zeiten wieder für einen Moment in die Weite führen und Ihnen das Entdecken von Spielräumen im Kontext unserer Arbeit anbieten.
„Zukunft gestalten – Worauf es jetzt ankommt!“ In unserer ersten Kategorie richtet die Bischöfin der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Prof. Dr. Beate Hofmann, ihre Aufmerksamkeit auf das freiwillige Engagement in Kirche und Gesellschaft und die wichtige Rolle von Kirche in diesen Zukunfts-Herausforderungen als Gastgeberin und Netzwerkpartnerin vor Ort. Unseren Werkzeugkasten hat unser Studienleiter Dr. Lars Charbonnier für Sie mit dem gefüllt, was viele jetzt beschäftigt: Führung von Mitarbeiter*innen im Home-Office.
Unter www.fa-kd.de finden Sie unsere Angebote!
1. Zukunft gestalten – Worauf es jetzt ankommt!
Von Prof. Dr. Beate Hofmann, Bischöfin der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Kassel
„Frau Bischöfin, tun Sie was, damit wir uns wieder engagieren können!“ Diese Bitte eines über 70-Jährigen aus der Schwalm aus dem letzten Sommer hallt mir noch in den Ohren. Eindringlich beschrieb er mir, wie durch Corona all das, wofür er sich in seinem Ruhestand in der Kirche engagiert hat, weggebrochen ist: Der Chor, das Gemeindefest, der Besuchsdienst.
Die Pandemie hat zwar viel neues Engagement in Nachbarschaftshilfe und digitaler Verkündigung oder rund um Hygienekonzepte entstehen lassen, aber gerade die Engagementbereiche der älteren Ehrenamtlichen sind weggebrochen. Und eine der bangen Fragen ist ja: Kommen die wieder, wenn die Pandemie sich davonschleicht?
Kirche und Diakonie bieten wichtige Engagement-Räume für die „jungen Alten“. Viele kirchliche Angebote leben von ihnen und durch sie. Seit Monaten sitzen sie gezwungenermaßen Zuhause und vermissen den Kontakt, die Begegnung, die Möglichkeiten für sinnerfülltes Tun und Selbstwirksamkeitserfahrungen. Was können und müssen wir jetzt tun, um ein Wiederaufleben des kirchlichen Engagements zu ermöglichen?
Wir haben in den letzten 20 Jahren viel über Gewinnung von Ehrenamtlichen, über Engagementpassung und Mobilität im Engagement gelernt. Jetzt, durch die Disruption vieler bisheriger Ehrenamtsstrukturen, gibt es die Chance, aber auch die Notwendigkeit, unsere Engagementmöglichkeiten neu zu ordnen und an die veränderte, deutlich heterogener gewordene Ehrenamtskultur anzupassen. Und mancherorts werden auch die Platzhirsche (oder Hirschkühe), die bisher jüngere Engagierte vertrieben oder Andersdenkende vergrault haben, möglicherweise nicht mehr zurück ins Engagement kommen. Das wird große Lücken hinterlassen, das schafft aber auch Raum für andere und für Veränderung im Denken über Engagement. Diesen Kulturwechsel gilt es zu gestalten. Gleichzeitig wird der Bedarf an Engagierten für die vielen Aufgaben, die die Pandemie hinterlassen wird, immens sein.
Das braucht Know-How zu Freiwilligenmanagement und -koordination, das braucht vor allem die Kooperation in regionalen Räumen und ein abgestimmtes Vorgehen zwischen Engagement-Anbietern und zwischen Haupt- und Ehrenamtlichen. Konkurrenz um Ehrenamtliche („meine“ oder „deine“?) schadet uns dabei, denn potentielle Ehrenamtliche wollen selbst entscheiden, für was sie sich wann, wie und wie lange engagieren möchten.
Gleichzeitig braucht es aus meiner Sicht schon jetzt ein möglichst genaues Wahrnehmen der sozialen Folgen der Pandemie, um in der Zivilgesellschaft Ideen zu ihrer Bewältigung zu entwickeln. Ich erlebe im Moment in Kassel eine erstaunlich positive Resonanz auf eine Vernetzungsinitiative unter zivilgesellschaftlichen Akteuren. Unter dem Motto "Weiterdenken nach Corona - Perspektiven vernetzen" werden sich in den nächsten Wochen über 30 Menschen aus völlig unterschiedlichen Bereichen der Kasseler Zivilgesellschaft zu zwei Workshops digital treffen, um anstehende Themen zu schärfen und Lösungsideen zu entwickeln. Der Wunsch, sich außerhalb der eigenen Blase auszutauschen und zu vernetzen, ist überraschend groß, die Resonanz daher beeindruckend. Kirche als Gastgeberin und Netzwerk-Knüpferin hat hier große Potenziale, die es jetzt braucht, damit viele andere sich dann einbringen und engagieren können – da, wo es dann gebraucht wird.
2. Angebote der fakd
Wir entwickeln laufend neue Angebote in unseren unterschiedlichen Kategorien der Weiterbildungen, Seminare, Tagungen, Werkstätten und reinen Online-Veranstaltungen. Gern möchten wir auf einige der neuen und bewährten Angebote an dieser Stelle wieder ausdrücklich hinweisen – eine Anmeldung ist bei all diesen Veranstaltungen gern noch möglich.
Wir sind sicher: Bei uns entdecken Sie Spielräume!
- Achtsamkeit und Resilienz in der Führung, am 13. April 2021mit Kerstin Köhler und Cäcilie Skorupinski online
- Hauen und Stechen? Systemisches Konfliktmanagement für Führungskräfte, am 22.-23. April 2021 mit Andrea Strodtmann in Berlin
- Ansteckend vortragen. Grußworte und Co – die "kleine Form" inspirierend gestalten, am 29.-30. April 2021 mit Felix Ritter in Berlin
- Motivation stiften und erhalten ... von Impostor-Syndrom und Energielöchern, am 10.-11. Mai 2021 mit Tilman Kingreen in Erfurt
- Basisbaustein „Führen und Leiten“, am 19.-20. Mai 2021 mit Tilman Kingreen in Essen
- Fit für den Aufsichtsrat. Ein Angebot für alle Mitglieder in Aufsichtsorganen, am 19.-21. Mai 2021 mit Tobias Allkemper, Marlehn Thieme, Dr. Ekkehard Thiesler und Peter Burkowski in Berlin
- Wenn die Leistung nicht reicht – Wenn die Motivation nicht stimmt, am 26.-28. Mai 2021 mit Thomas Wandelt in Berlin
Neu in 2021:
- Das Potential von Fundraising innerhalb strategischer Organisationsentwicklung, am 15.-16.06.2021 mit Henry Schwier in Berlin
- Veränderung leicht(er) gemacht. Weiterbildung zu Transformation von Person und Organisation, ab dem 27. September 2021 mit Dr. Birgit Klostermeier in Berlin, Kassel und online
- Und gerade entsteht unser neuestes Angebot: der Basiskurs Teamentwicklung wird am 14. Juli 2021 mit Tilman Kingreen in Berlin beginnen. Genaueres erfahren Sie in Kürze auf unserer Homepage.
3. Aus dem Werkzeugkasten:
Führung von Mitarbeiter*innen im Home-Office
Von Dr. Lars Charbonnier, Studienleiter an der fakd, Berlin
Schon heute lässt sich auf dem Immobilienmarkt ablesen, dass die Arbeit im Home-Office für viele Mitarbeiter*innen auch in Diakonie und Kirche nicht Teil der Ausnahmesituation in der Corona-Pandemie bleiben wird. Das hat Folgen und birgt Chancen und Risiken, für die Mitarbeiter*innen wie für die Organisationen. Auch die Anforderungen an Führung verändern sich, zumindest graduell.
„Ich weiß gar nicht mehr, was meine Mitarbeitenden täglich so tun.“ oder „Ich kriege gar nicht mehr mit, wie es meinen Mitarbeitenden geht.“ oder auch „Mit meinem Chef hatte ich seit Wochen keinen Kontakt mehr.“ sind recht häufig zu hörende Aussagen in den letzten Monaten. Bedürfnisse nach Kontakt und Kommunikation und auch nach Leistungseinschätzungsmöglichkeiten und Kontrolle kommen so zum Ausdruck. Plötzlich wird bewusst, wieviel der Arbeit über die tägliche Kommunikation „auf der Schwelle“ und in der Teeküche geregelt und geklärt wird – und was nun fehlt.
Selbstverständlich stecken in vielen Problemanzeigen immer auch Aussagen über das eigene Führungsverständnis. Wer aufgrund fehlender täglicher Einsicht Kontrollmöglichkeiten vermisst, suggeriert, dass gute Führung immer eine enge Führung sein muss. Für Mitarbeitende mit einem schwierigen Verhältnis zu ihren Führungskräften kann natürlich gerade die Distanz eine Möglichkeit sein, wieder zufriedener und damit auch leistungsstärker an der Arbeit zu sein – von den Erkenntnissen über situatives Führungsverhalten ganz zu schweigen.
Und dennoch lassen sich einige generelle Beobachtungen und Erfahrungen dahingehend zusammenfassen, dass es für Führungskräfte lohnend ist, in einer Situation mit vielen Mitarbeiter*innen im Home-Office auf bestimmte Aspekte besonders zu achten – jenseits von Ausstattung und Technik am Arbeitsplatz.
Denn es lässt sich tendenziell eine Reihe von nachteiligen Entwicklungen bei Mitarbeiter*innen in virtuellen Teams bzw. im Home-Office beobachten, denen durch eine aktive und achtsame Führung wirksam entgegengewirkt werden kann. Zu diesen Nachteilen gehören u.a. eine auf Dauer geringere Identifikation mit dem Team/der Abteilung/der Organisation; eine Unsicherheit bezüglich der Aufgaben, Rollen, Verantwortlichkeiten und Prioritäten; die starke Abhängigkeit von Information und Kommunikation; Schwierigkeiten in der Gestaltung von Feedback auf die Arbeitsleistung; Gefühle von Isolation und schwierigere Bedingungen für den Aufbau von Vertrauen. Oftmals führen diese Aspekte auch zu einer wachsenden Zahl an Missverständnissen und Konflikten. Was kann Führung hier tun? Fünf orientierende Einsichten:
1. Vertrauen schenken und Vertrauen fördern
Die wohl wichtigste Grundlage guter Führung im Allgemeinen und in diesen Kontexten im Besonderen ist die innere Haltung, die nach außen und damit auf die Mitarbeiter*innen wirkt. Entscheiden Sie auf Vertrauen. Kontrolle ist wichtig, aber nicht besser. McGregors Theorie Y verändert Realitäten und unterstützt nachhaltig Mitarbeiter*innen gerade auch im Home-Office darin, selbstbestimmt, leistungsstark und kreativ zu arbeiten. Fördern Sie entsprechend das Vertrauen der Mitarbeiter*innen zu Ihnen als Führungskraft und untereinander. Geben Sie viel und häufig Feedback und schätzen Sie wert, was Ihre Mitarbeiter*innen leisten. Und bitten Sie um ehrliches Feedback über Ihr Führungsverhalten.
2. Mehrdimensionale Kommunikation ermöglichen und erwarten
Machen Sie viele Angebote an Kommunikation – ohne sich aufzudrängen. Suchen Sie sowohl das Einzelgespräch wie auch die Gespräche im Team, in der Abteilung, … Bedienen Sie sich der unterschiedlichen Möglichkeiten von Kommunikationsmedien: Videokonferenzen, Telefonate, Email, Intranet und Kollaborationsformate. Erwarten Sie Beteiligung und machen Sie transparent, wo Sie diese auch verlangen. Sprechen Sie viel über die Arbeit. Und sprechen Sie auch darüber, wie es den Mitarbeiter*innen mit der Arbeit geht. Ermöglichen Sie nicht nur einen Austausch darüber, was gelingt, sondern auch darüber, was scheitert, schwerfällt, ruckelt und bremst. Und denken Sie auch an ein geistliches Format.
3. Verlässliche Strukturen einrichten und pflegen
Schaffen Sie verlässliche Orte der Kommunikation – auch für die informelle Kommunikation ist das möglich. Die gemeinsame erste Dienstbesprechung am Montagmorgen, ein gemeinsamer Kaffee an einem frühen Nachmittag in der Wochenmitte, die feste Zeit der Dienstberatung. Selbst wenn es mal nichts zu besprechen gibt, lassen Sie den Termin stehen. Und machen Sie bekannt, wann Sie verlässlich erreichbar sind. Sichern Sie alle wichtigen Aspekte einer Besprechung, sodass sie nachvollziehbar sind auch für die, die einmal nicht dabei sein konnten. Sorgen Sie dafür, dass diese Dokumente und Informationen für alle jederzeit zugänglich sind.
4. Die Sinndimension der Arbeit adressieren und den Beitrag der Einzelnen würdigen
Natürlich müssen Sie auf das Was der Arbeit schauen, damit die Ziele erreicht, die Aufgaben erfüllt, die Dinge richtig und angemessen erledigt werden. Stellen Sie zudem auch immer wieder den größeren Zusammenhang heraus, in dem die einzelnen Tätigkeiten stehen. Markieren Sie, welchen Beitrag die Mitarbeiter*innen als Team, Abteilung, … sowie dann auch als Einzelne in ihrem Tätigkeitsfeld zum Gesamt der Organisation leisten. Es macht einen Unterschied, ob mir gesagt wird, dass meine Sachkostenabrechnung korrekt ausgefüllt wurde oder dass meine korrekte Bearbeitung der Sachkostenabrechnungen der Organisation einen effizienten und effektiven Ressourceneinsatz ermöglicht, um das gut tun zu können, was dem Auftrag entspricht. Üben Sie sich in einer diese Dimension authentisch und echt aufnehmenden Kommunikation – es geht nicht um Floskeln.
5. Aufgaben und Erwartungen transparent klären und zur Selbstführung motivieren
Benennen Sie klar und verständlich, was Sie von Ihren Mitarbeiter*innen erwarten, was sie dürfen und was sie sollen, welche Kompetenzen sie haben und welche Fähigkeiten sie entwickeln sollen. Vergewissern Sie sich, dass auch verstanden wurde, was Sie meinen. Und bieten Sie immer wieder einen Austausch und Feedback an – in Abhängigkeit vom Reifegrad Ihrer jeweiligen Mitarbeiter*innen. Gute Führung ermutigt und leitet zur Selbstführung an. Im Home-Office sind diese Fähigkeiten von gesteigerter Bedeutung. Begleiten Sie Ihre Mitarbeiter*innen in diesen Entwicklungen, in dem Sie sie mit sinnvollen Aufgaben betrauen, im coachenden Führungsstil während der Arbeit begleiten und wertschätzend mit ihnen auch über diese Prozesse immer wieder kommunizieren.
Sie haben Lust, dieses Thema zu vertiefen und im Gespräch mit anderen Führungskräften in Diakonie und Kirche Ihre Erfahrungen auszutauschen? Besuchen Sie gern unsere Online-Veranstaltung „Führen auf Distanz“ am 16. März 2021.
Literatur: Sandra Müller: Virtuelle Führung. Erfolgreiche Strategien und Tools für Teams in der digitalen Arbeitswelt, Wiesbaden 2018; Miriam Landes et al.: Führung von Mitarbeitenden im Home Office. Umgang mit dem Heimarbeitsplatz aus psychologischer und ökonomischer Perspektive, Wiesbaden 2020.
… und sonst noch
- 3. – 4. September 2021, Hamburg; EKD-Diakonie-Kongress: Wir & Hier. Gemeinsam Lebensräume gestalten.
Der Kongress schafft Erfahrungsräume zu einer sozialraumorientierten Arbeit von Kirche und Diakonie in Kooperation mit anderen Akteuren. Konzeptideen, Projektvorstellungen, Theologische Reflexionen, Netzwerk-Angebote, Exkursionen, Gespräche und Begegnungen – alles das wird ermöglicht. Nähere Informationen finden Sie hier.
- Über die steile Lernkurve der fakd unter den Bedingungen der Corona-Pandemie berichtet unser GeschäftsführerPeter Burkowski im Rahmen eines Interviews für die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift Perspektiven der KD Bank – lesen Sie doch mal rein: zum Interview.
- Zum Verhältnis von Kirche und Diakonie wurden unsere Studienleiterin Dr. Silke Köser und Dr. Tobias Kirchhof (midi) im Rahmen eines podcasts interviewt – hören Sie doch mal hier rein.
- In der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Wege zum Menschen haben unsere StudienleiterDr. Lars Charbonnier und Tilman Kingreen jeweils einen Beitrag zum Thema Coaching in der Kirche bzw. Coaching und Leitung verfasst – lesen Sie hierdoch mal rein (leider kostenpflichtig).
- Wenn Sie erfahren wollen, was es in Sachen Kirchenentwicklung in der katholischen Welt gibt, schauen Sie doch mal auf die Homepage des Zentrums für angewandte Pastoralforschung / ZAP in Bochum.
Herzliche Grüße
Ihr Team der Führungsakademie für Kirche und Diakonie
