fakd-Newsletter vom 12. Januar 2022
Liebe Leserinnen und Leser,
willkommen in 2022! Ein spannendes und kräftezehrendes Jahr liegt hinter uns allen. Gerade deshalb freuen wir uns auf das Jahr 2022, in dem wir viel Neues vorhaben und Bewährtes weiterführen wollen.
Albert Camus wird der schöne Satz „Im tiefsten Winter erkannte ich, dass in mir ein unbezwingbarer Sommer wohnt“ zugeschrieben. Inneren Sommer können wir in diesem Winter, der aufs Neue und doch wieder anders von der Pandemie geprägt sein wird, gut gebrauchen. Wir wünschen Ihnen diesen ‚inneren Sommer‘ von ganzem Herzen, denn er ist der Motor, der uns antreibt, bevorstehende Herausforderungen mutig anzupacken und Unveränderbares gelassen auszuhalten.
Passend dazu finden Sie in unserem ersten Newsletter des Jahres 2022 interessante Beiträge von Landesbischof Dr. Christoph Meyns, der auf die anstehenden Zukunftsprozesse als geistliche Herausforderung schaut und unserer langjährigen Dozentin Kerstin Köhler, die das Thema Resilienz in den Blick nimmt.
Bei all dem vergessen Sie bitte nicht, in unser Programm für 2022 zu schauen, das wir laufend ergänzen.
1. Zukunft gestalten – Worauf es jetzt ankommt!
Von Dr. Christoph Meyns, Landesbischof der evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig
„In ein Land, das ich dir zeigen will“ - Zukunftsprozesse als geistliche Herausforderung
Traditionsabbrüche, Säkularisierungs-, Individualisierungs- und Pluralisierungsschübe, demografischer Wandel, Mitgliederschwund, Fachkräftemangel und sinkende Ressourcen treffen alle Institutionen. Im Kontext der Entwicklung in Parteien, Gewerkschaften und Vereinen sind wir als evangelische Kirche sogar vergleichsweise vital und stabil! Das ist jedoch wenig tröstlich. Denn es zeigt, dass sich den allgemeinen Trends kaum etwas entgegensetzen lässt durch eine wie auch immer geartete Neuausrichtung der kirchlichen Arbeit. Das alte europäische Modell der Kirchen als öffentliche Einrichtungen der flächendeckenden religiösen Versorgung kommt auch im Braunschweiger Land allmählich an ein Ende. Wir befinden uns auf dem Weg in eine Diaspora-Situation inmitten einer lebens- und weltanschaulich pluralen Gesellschaft.
Darauf stellen wir uns zwischen Harz und Heide ein und wollen die kirchliche Arbeit bis 2030 entsprechend neu ausrichten. Wie alle Landeskirchen orientieren wir uns dabei an Stichworten wie multiprofessionelle Teams, Erprobungsräume, Stärkung des Ehrenamts, Regionalisierung, Gemeinwesenorientierung, fresh expressions of church, kirchliche Orte usw. Die eigentliche Herausforderung liegt jedoch meines Erachtens auf einer anderen Ebene, nämlich auf der der geistlichen Haltungen.
Es gilt sich zu lösen von einer Einstellung, die Selbstbewusstsein und Kraft aus gesellschaftlicher Anerkennung und großen Zahlen zieht. Der christliche Glaube ist seiner Grundstruktur nach ein widerständiges Gegenanglauben gegen massive Realitäten. Wir glauben an das ewige Leben gegen die Realität des Todes. Wir glauben an die Kraft der Liebe gegen alle Erfahrungen von Hass und Gewalt. Wir glauben an Neuanfänge trotz des menschlichen Hangs zu Zerstörung und Selbstzerstörung. Wir glauben an die Berufung der Kirche als Saatkorn und Sauerteig gegen alle institutionellen Abbrüche. Ohne eine Intensivierung des geistlichen Lebens von haupt-, neben- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Stärkung und Vertiefung dieses Glaubens werden äußere organisatorische Veränderungen wenig bewirken.
Eine solche Stärkung lässt sich jedoch weder befehlen noch zielführend realisieren. Sie setzt voraus, dass Mitarbeitende sich Zeit nehmen für Einkehr, geistliche Besinnung und Gebet. Kirchenleitende Instanzen können Rahmenbedingungen setzen, um eine solche Entwicklung durch eine entsprechende Gestaltung von Arbeitszusammenhängen oder die Bereitstellung von Ressourcen zu fördern. Aber ob Mitarbeitende dazu einen Zugang finden und was in diesen Zeiten der Einkehr geschieht, liegt allein in Gottes Hand. Geistliche Prozesse führen hinein in sehr unterschiedliche Erfahrungen des Trostes und der Anfechtung, der Bestärkung und Infragestellung, der Gottesnähe und Gottesferne. Jeder Versuch, hier etwas im Sinne konkreter Vorstellungen von der Zukunftsfähigkeit der Kirche in eine bestimmte Richtung lenken zu wollen, hätte kontraproduktive Folgen.
Aber so Gott will, wächst im Rahmen eines bewusst gepflegten geistlichen Lebens mit regelmäßigen Zeiten für Stille, Gebet und Besinnung die Sensibilität für seine geheimnisvolle Gegenwart in unserem Leben und für das Land, das er uns zeigen will.
2. Angebote der fakd
Wir entwickeln laufend neue Angebote in unseren unterschiedlichen Kategorien der Weiterbildungen, Seminare, Tagungen, Werkstätten – in Präsenz- und Online-Formaten, die Ihnen Anregung und Impuls für die Gestaltung Ihrer Arbeit sein sollen.
- Führung AHOI ?! Frauen nehmen Kurs auf... vom 18. Januar bis 26. April 2022 mit Martina Leidinger und Christine Ursel
- Ansteckend vortragen vom 17. bis 18. März 2022 mit Felix Ritter
- Wirksam in Führung gehen vom 14. Bis 15. März 2022 mit Sonja Hinrichs
- Update Fundraising vom 24. bis 25.März 2022 mit Sabine Stenschke und Dr. Kai Fischer
- Und dann macht jede*r, was er*sie will!? Agile Methoden im Arbeitsalltag vom 04. bis 05. April mit Dr. Rhea Seehaus und Tobias Gebauer
- Große Gruppen bewegen vom 11. bis 12.April 2022 mit Anita Hüseman und Christian Perl
- Konflikte vorbeugen und lösen mit der GewaltFreien Kommunikation (GFK) vom 25. April bis 03. Juni 2022 mit Sylvie Trentzsch, online
Für alle, die es kompakt mögen, unsere „kurzen“ Online-Formate:
- Auf dass sie gerne bleiben am 09. März 2022 mit Christine Ursel, online
- Mit Wertschätzung führen am 09 März 2022 mit Christine Ursel, online
- Fundraising als Dimension strategischer Organisationsentwicklung am 10. März 2022 mit Henry Schwier, online
3. Aus dem Werkzeugkasten:
Resilienz entwickeln – Das ist wie Muskeltraining
Von Kerstin Köhler, Diplom-Sprechwissenschaftlerin
K+S Kommunikation Berlin GbR
„Es ist immer leicht(er), wenn man weiß, wie es geht!“ – Das gilt auch für unsere Resilienz, der inneren Widerstandskraft gegenüber Herausforderungen. Ob beruflich, privat oder gesellschaftlich: Entscheidend ist unsere individuelle Wahrnehmung. Wie bewerten wir ein Ereignis? Wie bewerten wir ein Gegenüber? Wie bewerten wir eine Situation?
Und falls Sie hier denken: „Moment mal, ich bewerte doch gar nicht.“ – Halten zu Gnaden: Tun Sie doch. Tun wir alle. Und zwar durch unsere Wahrnehmungsfilter. Diese sortieren uns die Welt und machen uns letztlich handlungsfähig – mehr oder weniger flexibel.
Unsere Filter sind allerdings auch individuelle Muster. Wenn wir diese erkennen, können wir den Rahmen unserer Wahrnehmung wandeln. Dadurch entscheiden wir letztlich, wie wir uns verhalten wollen. Dazu im Folgenden ein paar Anregungen für das Training Ihrer Resilienz.
Wir starten das Resilienztraining mit dem Warm-up, denn der Weg führt immer von innen nach außen. Hier empfehle ich das Lebensraster zu einer Selbstreflexion.
Einfach ein Blatt Papier nehmen, und 10 x 10 Karos zeichnen oder markieren. Jede Zehnerreihe steht für eine Lebensdekade. Im nächsten Schritt markieren Sie nun das Raster: 1. Lebenszeit (hellblau), 2. Arbeitszeit (blau), 3. Verstrichene Lebenszeit (rot abgestrichen).

Dadurch bekommen Sie vor Augen geführt, wieviel Zeit Sie (noch) aktiv gestalten können. Und Sie kommen an den Punkt, wo Sie entscheiden können, was Sie mit meiner Zeit anfangen möchten? Gerade in Zeiten, wo vieles Kopf steht, ist es sinnvoll, sich über die eigene Situation Gedanken zu machen. Und wann passt es besser, als zum Start eines neuen Jahres? Hier ein paar hilfreiche Fragen als Anregung:
- Was ist mir in meinem Leben toll gelungen?
- Was ist mein Lebensziel?
- Was verleiht meinem Leben Sinn?
- Wofür verwende ich meine Lebensenergie?
- Was möchte ich verändern?
- Welche Situationen sollen sich verbessern?
- Was will ich in meinem Leben noch realisieren?
- Welche Werte sind mir wichtig?
Nun zur Stärkung des Resilienzmuskels: POP – Power of Positive.
Kommunikation ist ein lebenslanges Training für unsere Resilienz: Wie reden wir mit uns und mit Anderen? Wie setzen wir den Rahmen unserer Wahrnehmung? Hier geht es unter anderem um das Enttarnen der eigenen Wahrnehmungsfilter. Sind wir uns der Filter bewusst, können wir uns auch bewusst entscheiden, wie wir uns verhalten wollen.
Mitunter tun wir uns mit Situationen, Personen oder Themen schwer. Sie schaffen es, uns zum Reagieren zu bringen. Damit entscheiden aber Andere, wie wir uns verhalten (sollen).
Im Nachhinein fragen wir uns dann, wieso wir uns so verhalten bzw. Dinge gesagt haben.
Wir haben aber die Möglichkeit unseren Rahmen der Wahrnehmung zu dehnen – unter anderem mit der Frage: Wo sitzt das Positive? Oder statt: „Wieso passiert das mir?“ besser: „Was versucht es, mich zu lehren?“ Auch wenn dieser Perspektivwechsel nicht immer gelingt. Diese Grundhaltung stärkt unsere Resilienz, denn wir bleiben aktiv und sehen Dinge, die wir beeinflussen können. Und daran denken: „Du kannst nicht mutig sein, wenn dir nur wundervolle Dinge passiert sind.“(Mary Tylor Moore)
Um den Muskel der Resilienz weiter zu entwickeln, empfehlen sich folgende Schritte, die individuell passend gestaltet werden können. Im Workshop arbeiten wir da gern mit kollegialem Austausch und Coachingsequenzen.

Kurz ein Impuls zu 3. (Komfortzone kennen): Frage dich, was du brauchst und was dir Kraft gibt. Was tut dir gut?
Wichtig ist es, auch in schwierigen Zeiten, auf die Freu-Räume zu achten und diese dann gezielt zu schaffen. Wenn die Urlaubsreise zum Lieblingsort nicht möglich ist, wie kann ich mir dann im Kleinen diesen Lieblingsort gestalten? Zum Beispiel auf dem Balkon oder mit einer Fotocollage auf der Couch sitzen und dabei ein urlaubstypisches Getränk zu sich nehmen.
Manchmal ist ein Freu-Raum einfach nur, Zeit mit sich selbst zu haben, und die Gedanken schweifen zu lassen. Auch hier gilt: Freu-Räume sind individuell.

Jede:r hat eigene Stellschrauben für Resilienz. Die innere Widerstandskraft hilft uns und ist gut für uns. Und in manchen Aufgabenfeldern ist unsere Resilienz somit auch gut für Andere. Zum Beispiel haben Führungskräfte die Aufgabe, auch in Krisenzeiten zu führen. Resilienz gehört hier zur Profession. Wenn ich als Führungskraft meine Stabilität, Energie, den inneren Kompass verliere, dann kann ich auch nach außen keine Orientierung und Sicherheit geben.
Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, die eigene Resilienz zu entwickeln. Weitere Trainingsmöglichkeiten sind u.a. Humor, Gespräche mit vertrauten Menschen, Beten, Rituale, gutes Essen oder in die Natur gehen.
Für Anregungen, Reflexion und weiteres Resilienzhandwerk sehen wir uns gern in den Veranstaltungen der fakd.
Kerstin Köhler, K+S Kommunikation Berlin GbR
Diplom-Sprechwissenschaftlerin, Moderatorin, Trainerin und Coach
www.supporting-changes.com
… und sonst noch
- Zum 1. Januar 2022 hat Dr. Lars Charbonnier die Geschäftsführung der Akademien für Kirche und Diakonie gGmbH von Peter Burkowski übernommen.
- Seit einigen Monaten ist der virtuelle EKD-Denkraum eröffnet (denkraum.ekd.de). Mehr als 300 Führungskräfte aus der verfassten Kirche und der Diakonie haben sich bereits angemeldet, um miteinander in unterschiedlichen Formaten Wissen und Erfahrungen zu teilen und neue Impulse zu erhalten. Die fakd ist als Kooperationspartner im Denkraum mit dem 15 Minuten-Format des „Espresso-Talks“ präsent. Der nächste Espresso-Talk findet am 18. Januar 2022 statt.
Herzliche Grüße
Ihr Team der Führungsakademie für Kirche und Diakonie
